Udo Walendy: Bild 'Dokumente' für die Geschichtsschreibung?
Verlag für Volkstum und Zeitgeschichtsforchung, Vlotho (Weser) 1973



[Seite 40] „SS erschießt Polen in einer Sandgrube”. Mit diesem Bildtext veröffentlicht in R. Schnabel „Macht ohne Moral”, Frankfurt 1957, Roederberg Verlag S. 307.

Dieses Bild ist eine üble Fotomontage. Fototechnisch ist ein solches Bild nicht aufzunehmen. Die vordere Hälfte läßt sich nur von oben nach unten fotografieren, die hintere Hälfte nur von unten nach oben, aber beide Bildhälften auf eine Fotografie zu bringen, ist nicht möglich. Die Vergrößerung zeigt deutlich, daß sämtliche Köpfe der Soldaten ausgeschnibbelt und auf die Vorlage aufgeklebt und mit unwirklichen „Schatten” versehen worden sind, daß einige Hintergrundbeleuchtungen grell weiß, andere farblich getönt sind, daß die Beine des links im Hintergrund neben dem „Schützen” stehenden Soldaten sowohl anatomisch falsch stehen als auch gar nicht zu dem dahinter befindlichen Kopf passen. Die Lichtreflexe sind widersprüchlich und unnatürlich, auch bei den Leichen und dem Polen. Man vergleiche seine grell weiße Hand mit dem Schwarz, in dem seine Beine verschwinden.

[Seite 41] Echte Foto entnommen „Der Zweite Weltkrieg in seiner rauhen Wirklichkeit — Ein Fotodokumentarbericht” o. J. S. 363

Dieses Vergleichsbild ist eine Ausschnittvergrößerung von einer echten Aufnahme eines deutschen Soldatengrabes in Rußland, entnommen aus dem Buch des Welsermühl-Verlages, Wels, Österreich.

Diese echte Aufnahme zeigt deutlich, wie die Perspektive für eine analoge Bildwiedergabe gestaltet sein muß.

Bild S. 42 ist eine zweite Version. Die linke Gruppe Soldaten wurde abgetrennt. Die jetzt sichtbaren linken Soldaten erhielten neue Köpfe. Hinter dem Soldaten in Bildmitte mit den eigenartig schwarzen Augen schaut plötzlich noch ein weiterer Soldat halb verdeckt hervor. Der Soldat rechts vom Panzermann erhielt auch einen neuen Kopf, dennoch vergaß man seine Füße und seinen Körper anatomisch richtig zu montieren. Und dann erst der Schütze; man hat ihn vorsichtshalber völlig neu gemalt — diesmal mit Brille. Man achte auf sein helles Käppi und die im Vergleich zum Hintergrund zwischen seinen Beinen helle Hose bzw. Uniform (im 3. Bild umgekehrt). Daß die Konturen der Leichenteile, Antlitz und Haare des Polen auch verändert sind, ebenso wie der sandige Grund, sei nebenbei erwähnt.

[Seite 42] „Erschießung polnischer Juden durch die SS”. Mit diesem Bildtext veröffentlicht in „Der Zweite Weltkrieg in Bildern und Dokumenten”, herausgegeben von Hans-Adolf Jacobsen und Hans Dollinger, Bd. I. Der europäische Krieg 1939-1941, Verlag Kurt Desch, München, Wien, Basel, 1962, S. 100. Veröffentlicht auch in „Der Spiegel” Nr. 51, 1966 S. 86.


[Seite 43] „Eine Hinrichtung durch Genickschuß im Jahre 1940”. Mit diesem Bildtext veröffentlicht in „Das Gesicht unseres Jahrhunderts — 60 Jahre Zeitgeschehen in mehr als 600 Bildern” von Milo Dor — Reinhard Federmann, Econ Verlag Düsseldorf, Lizenzausgabe des Forum Verlag Wien, 1960, S. 168. Im Vorwort dieses Buches steht: „Bei der Auswahl der Bilder waren wir bestrebt, deutlich reproduzierbare, lebendige und für die wesentlichen Strömungen unserer Zeit repräsentative Photos heranzuziehen”.

Erstens ist es infam, ein solches Bild als „repräsentativ für wesentliche Strömungen unserer Zeit” zu bezeichnen und zweitens ist dieses „ lebendige, deutlich reproduzierbare Photo” gar keine echte Fotografie, sondern eine üble Fotomontage (3. Version), die den Vergleichsbildern S. 40 u. 42 entnommen worden ist. Der „SS-Schütze” ist wiederum verändert, seine Uniform erheblich dunkler, der Hintergrund dunstig aufgehellt. Die Lichtreflexe am Anzug, im Antlitz und den Haaren des Polen sind deutlicher gekennzeichnet. Der Soldat genau hinter ihm mit den seltsam schwarzen Augen ist verschwunden, dafür ein sehr viel kleinerer an seine Stelle getreten, so daß das Schwarze der Augen des früheren Soldaten nunmehr zum Käppi des neuen wurde. Der ganz links stehende Soldat erhielt ebenso wie die anderen ein dunkles Gesicht und überhaupt andere Schattierungen auf der Uniform. Die auf dem Bild sichtbaren Beine passen zum Teil überhaupt nicht zu den Körpern der Soldaten, Man vergleiche Stiefel und rechtes Hosenbein des Schützen im Vergleich zum Schatten des Sandes daneben und der hier hellen — auf dem ursprünglichen Bild dunklen — Uniform der dahinterstehenden Soldaten. Der Wehrmachtsadler des Panzersoldaten ist hier nicht mehr sichtbar. Daß auf den „Unteroffiziers” — spiegeln des Schützen die SS-Runen einzuzeichnen vergessen wurden, ist nur ein taktischer Formfehler.

Auch hier typisch: Beim letzten Bild weiß man es genau: Es war im Jahre 1940.




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